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Ein Interview mit einem Künstler: Jan Muche

Ein Kunstwerk ist erst vollendet, wenn man es mit anderen teilt. Es ist insgesamt eine tiefgreifende Erfahrung, die dem Betrachter, dem Künstler und der Öffentlichkeit die Möglichkeit bietet, Wissen und Expertise zu teilen – ein Erlebnis, das im Grunde genommen selbst Kunst ist. 

Dieser Sinn für Geselligkeit, – die Erkenntnis, dass Kunst eine Erfahrung ist, die man mit vielen Fremden teilt, – gehört zu den interessantesten Aspekten des Sammelns. Und wir von smart-collectors legen großen Wert darauf, Kunst zu kuratieren, die Geselligkeit nicht nur als bloßen Subtext ausstrahlt.

Bei diesem Teilen geht nicht nur darum, ein Original betrachten zu können oder es zu besitzen - es geht darum, in die Welt der Künstler einzutauchen und herauszufinden, wie sie ticken und was sie antreibt, während wir ihren Stil und ihre Motivation entdecken.

Hier findest du Künstlerinterviews mit einigen der faszinierendsten etablierten und auch aufstrebenden Persönlichkeiten der Kunstszene. In unseren Gesprächen mit den kontemporären Künstlern finden wir heraus, was sie antreibt, wie sich ihr Stil entwickelt hat, was sie inspiriert und auch die Geschichten hinter ihren jüngsten Werken. 

„Meine Werke entspringen immer aus einer gewissen Kontinuität. Auch wenn ihre Form oder das Material etwas völlig anderes aussagen, haben sie alle etwas gemeinsam.“
Jan Muche - Künstler 

 

Heute begrüßen wir Jan Muche in unserem Interview – ein kontemporärer bildender Künstler aus Herford, der sich auf abstrakte Gemälde mit dreidimensionalen Effekten spezialisiert. Seine Kreationen veranschaulichen die Gegenüberstellung und Überlagerung von tragenden und spannenden Strukturen auf eine effektive Weise, die aus mehreren kontrastierenden Farbpaletten bestehen.

"Viele [Gemälde] zeigen moderne Maschinen und Apparate. Die Motive stammen aus alten Zeitschriften und Büchern. ... Das Spiel mit Farbflächen und Formen, die Verdeutlichung und gleichzeitige Auflösung von Strukturen – diese alten Maschinen sind besser für meine Malweise geeignet. ... Diese Motive sind meine Vorlagen, ohne die ich nicht malen könnte." 

Diese gewagten Werke gehen über das übliche Genre hinaus und ermöglichen es dem Betrachter, in die Schönheit von Jan Muche einzutauchen.

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Sein dynamischer Farbeinsatz und seine gestische Pinselführung zeichnen sich durch eine beeindruckende Freiheit aus, die die Emotionen und das Motiv des Werkes einfängt. 

Wir haben mit Muche gesprochen, um mehr über seine Motivation und seine nächsten Pläne zu erfahren; und hier sind die Einblicke in seine Welt.

Warum hast du dich für den Beruf als Künstler entschieden?
Die Malerei war für mich eine natürliche Entwicklung nach einer Reihe von gescheiterten Versuchen in anderen Berufsfeldern. Es hat einfach nie so richtig geklappt, denn die anderen Berufe waren nichts für mich. Ich muss mich mit mir selbst beschäftigen und mit etwas was erreichen können, das von mir selbst ausgeht. Daher schien die Malerei die perfekte Wahl zu sein. Am Anfang war es auch eher ein Versuch, aber ich bin am Ball geblieben. Die Malerei hat mir ein sehr unabhängiges Leben ermöglicht, deshalb habe ich mich am meisten darauf konzentriert.

Was leitest du aus deinem Prozess ab?
Es macht mir ungemeinen Spaß, Gemälde zu kreieren. Ich hatte auch mal darüber nachgedacht, Architekt zu werden, aber ich hatte nie die nötige Disziplin dazu. Die Malerei gibt mir eine tolle Möglichkeit, Ideen und Fragmente aus der Architektur in eine greifbare Form zu bringen, denn so kann ich Dinge auf eine Weise ausdrücken, die man sich nur selbst vorstellen und erleben kann.

Was hat die Malerei für eine Bedeutung für dich? 
Freiheit. Die Chance, mich frei auszudrücken und meiner Fantasie freien Lauf zu lassen, um meine Leidenschaften in ein visuelles Erzeugnis zu verwandeln. Die Malerei ist auch mein täglich Brot, mein Fachgebiet. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn normalerweise wird viel über kreative Impulse diskutiert. Das ist aber absurd, denn das ist der kleinste Teil der Arbeit. 'Nur die Amateure warten auf Inspiration; der Rest von uns macht sich einfach an die Arbeit', ist eines meiner Lieblingszitate (ich glaube, Chuck Close hat das mal gesagt). Ich denke, dass Inspiration einer der Begriffe ist, die professionelle Künstler gar nicht gerne hören, denn Inspiration hat einen amateurhaften Beigeschmack. Wenn du zum ersten Mal an einem Töpferkurs teilnimmst, brauchst du gewiss etwas Inspiration. Aber die Konzepte sind bereits in meinem Kopf. Sie sind schon da, – ich muss sie nicht erst finden.

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Wie genau gehst du vor?
Der Aufbau und die Entwicklung meiner Bilder sind unmittelbar mit der Lasertechnik verbunden. Ich entwerfe also ein Farbschema, glasiere es, verwische es und muss es dann mit helleren oder dunkleren Tönen herausarbeiten. Dadurch entstehen mehrere Patinaschichten, die ich echt faszinierend finde. Sie vermitteln ein Gefühl von Altersprozessen, wie z. B. bei der Rußbeschichtung, die zu Berlin passt, da die Stadt früher überwiegend mit Braunkohle beheizt wurde. Da das wirklich einzigartige Farben sind, lasse ich das gerne in die Fotografien einfließen.

Was unterscheidet dich von anderen zeitgenössischen Künstlern?
Patina findet man nicht besonders häufig in der zeitgenössischen Kunst. Ein Gemälde kann zum Beispiel auf den ersten Blick älter wirken, weil es patiniert wurde. Daher ist es schwierig, eine Verbindung zu dieser neuen Kunst herzustellen. Aber genau das ist es, was mich daran so reizt. Was mich an der kontemporären Malerei irritiert, ist die ständige Betonung der Aktualität durch die Verwendung des Wortes "jetzt". Dessen Inversion ist jedoch das, was mich wirklich interessiert. Kann man ein topaktuelles Kunstwerk so aussehen lassen, als wenn es schon seit Jahren an einer Bitterfelder Hauswand hängen würde? Das ist mein Bestreben nach Zeitlosigkeit, – nach einem grenzenlosen Aussagevermögen.

Woran arbeitest du zurzeit?
Ich arbeite gerade an größeren Papierwerken. Es hat etwas mit der aktuellen Pandemie zu tun, da ich nun viel von zu Hause aus arbeite. Große Leinwände sind viel schwieriger zu bearbeiten als Papier, und das Papier spricht mich besonders an, weil es ein ganz anderes Medium als die Leinwand ist. Dort entfalten sich die Farben auf eine ganz andere Weise und reagieren nicht wie sonst.

Die aktuelle Serie besteht aus architektonischen Arbeiten auf Papier, die von alten industriellen Strukturen und Gebäuden inspiriert sind. Diese Werke haben einen ganz eigenen Farbstil, wobei einige recht dunkel und düster sind. Das sind die Farbpaletten, die mich inspiriert haben. In Ostberlin ist zum Beispiel fast alles in diesen vagen, mediterranen Beige- und Brauntönen gehalten. Das strahlt eine große Wärme und Intensität aus, aber wenn es im November regnet, kann das auch eine sehr bedrückende Stimmung erzeugen. Das hat beides einen gewissen Charme für mich, wenn ich eine bestimmte Atmosphäre einfangen will.

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